Fusionsrichtlinie

Fusionsrichtlinie
1. Begriff: Eine der ersten EG-Richtlinien zur Harmonisierung der Körperschaftsteuer. Etabliert eine europaweit identische Behandlung bestimmter Umstrukturierungsvorgänge bei der Körperschaftsteuer (ABl EG Nr. L 225 vom 20.8.1990). In Kraft seit 1.1.1991.
- 2. Anwendungsbereich: Die F. begünstigt  Fusionen und  Spaltungen von Kapitalgesellschaften sowie Einbringung eines  Teilbetriebs durch eine Kapitalgesellschaft in eine andere und Einbringung von Anteilen in eine Kapitalgesellschaft, wenn diese dadurch eine Mehrheitsbeteiligung erhält ( Anteilstausch). Von der F. erfasst ist sowohl die Besteuerung der beteiligten Gesellschaften als auch die ihrer Gesellschafter. Voraussetzung ist jedoch, dass die von der Umstrukturierung betroffenen Unternehmen Kapitalgesellschaften aus mehreren EU-Mitgliedstaaten sind, die ohne Wahlmöglichkeit der Körperschaftsteuer unterliegen.
- 3. Rechtsfolgen: Alle beschriebenen Vorgänge sind grundsätzlich Gewinnrealisierungstatbestände. Die F. ermöglicht aber, die Realisierung der stillen Reserven zu vermeiden, sofern die Besteuerung bei einem späteren Verkauf der Wirtschaftsgüter sichergestellt bleibt (Steueraufschub). Bei Fusion oder Spaltung geschieht dies durch  Buchwertfortführung durch die Nachfolgegesellschaft; weitere Voraussetzung ist Erhalt der Steuerhoheit des Belegenheitsstaates (Betriebsstättenbedingung). Bei Spaltung muss Nachfolgegesellschaft außerdem Teilbetriebsqualität haben. Bei Einbringung von Teilbetrieben werden die dafür erhaltenen Anteile von der Gesellschaft zum Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter angesetzt (umstritten), gleichzeitig führt die aufnehmende Gesellschaft die Buchwerte des Teilbetriebs ebenfalls fort; dadurch kommt es zu einer Verdoppelung stiller Reserven.
- Bei den Gesellschaftern löst die Hergabe der Anteile an der alten Gesellschaft gegen Anteile an der neuen bei Fusion, Spaltung oder Anteilstausch ebenfalls keine Besteuerung aus (Buchwertfortführung).
- 4. Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland: Regelungen teilweise ins Umwandlungssteuergesetz übertragen; bei Abweichung von den Vorgaben der F. geht diese dem Umwandlungssteuergesetz vor, wenn sie für die Steuerpflichtigen günstiger ist.

Lexikon der Economics. 2013.

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